Lehrergesundheit erhalten ist der Titel eines Buches, in dessen Presse-Information damit geworben wird, dass es dabei hilft „Burn-out zu vermeiden, Gesundheit zu erhalten“. Das schauen wir uns doch mal an:
Die 99 Tipps, die der Autor Nikolaus Kirstein uns in dem 144 Seiten starken Büchlein liefert, untergliedert er in Rubriken wie etwa „Stunden, die stärken“, „Grundeinstellungen, die nicht verbiegen“, „Mensch, ärgere dich weniger“ und sechs weitere. Bereits im Vorwort schreibt Kirstein, dass seine Tipps auf Anregungen beruhen, die er in Büchern über Schule und Unterricht gefunden hätte, allerdings „den idealistischen Teil subtrahiert“, sodass möglichst einfach umsetzbare Methoden übrig bleiben sollen. Und tatsächlich dünkt einem bei der Lektüre, dass man so gut wie alles schon mal irgendwo gelesen oder gehört hat, sodass spektakuläre neue Erkenntnisse ausbleiben. Übrig bleibt jedoch eine beachtenswerte Sammlung an Tipps und Informationen, aus der sich jeder seine persönlichen Lieblingsrosinen herauspicken kann. Beispielsweise finde ich Tipp Nummer 37 „Interesse einbringen“ so wichtig, dass ich ihn auch gerne an studentische Praktikanten weitergebe, die regelmäßig meinem Unterricht beiwohnen dürfen. Dabei beschreibt der Autor etwas ausführlicher, dass Themen, die den Lehrer selbst interessieren, zumeist auch besser bei den Schülern ankommen, wohl weil der Funken der Begeisterung dabei überspringt. Auch Tipp 42, genannt „Die Vorsatzpyramide“ scheint mir geeignet, sich selbst nicht zu überfordern. Dabei zerlegt der Autor die berühmten „Silvester-Vorsätze“ in überschaubare Häppchen mit konkreten, positiven Handlungen, die regelmäßig und ohne schlechtes Gewissen überprüft werden sollen.
Wo Licht ist, muss auch Schatten sein, und so gelingt es natürlich problemlos, bei einer Sammlung von 99 Tipps auch ein paar ‚Nullnummern‘ zu finden. Wie etwa Tipp 73 ist, bei dem ernsthaft geraten wird, man möge sich öfter mal eine unnötige Konferenz sparen – sind die nicht zum Großteil verpflichtend, zumindest hierzulande?! Oder Tipp 83, in dem Distanz zu unsympathischen Klassen gefordert wird und der in der Behauptung gipfelt, dass die von der Schulverwaltung geschaffene Lehrer-Schüler-Zwangsgemeinschaft, in denen man sich bisweilen unsympathisch findet, zusammen mit dem Schulbesuch „mitgekauft“ werde. Bei einer derartigen Fülle (müssen es gleich 99 Tipps sein?!) bleiben Wiederholungen nicht aus und so liest man den ein oder anderen Tipp in etwas anderer Verpackung wiederholt.
Alles in allem sind die 99 Tipps eine bunte Sammlung an Anregungen, wie man sich den Unterricht, bzw. die Vor- und Nachbereitung erleichtern kann. Nicht jede Anregung wird man mit der persönlichen Unterrichtssituation oder den eigenen Einstellungen zum Beruf in Einklang bringen, aber das ein oder andere mag vielleicht wirklich helfen, den viel zitierten Burn-out zu vermeiden.
99 Tipps Lehrergesundheit erhalten
ISBN 978-3-589-23297-0
Preis: 15,50 EUR
erschienen bei Cornelsen Verlag Scriptor
Zu Tipp 73, das ist nun genau das Gegenteil einer Nullnummer:
es gibt Volksschulen, da reichen 3-4 Konferenzen pro Jahr, und es gibt Volksschulen, da finden diese alle 14 Tage statt, möglichst noch nach der 6. Stunde, mit, wenn überhaupt, nur einer kurzen Pause – je nach Rektor und dessen Führungsqualitäten. So gelingt es der zweiten Gruppe mühelos, Lehrer und Lehrerinnen ins Burnout zu treiben, vor allem Teilzeitkräfte, die eigentlich ihre Kinder irgendwo (ggfls. bei Tagesmüttern und hoffentlich nicht in KiTas) abholen müssten.
Ich kenne sogar eine Schule, bei der findet wöchentlich eine Konferenz statt – in meiner 🙂
Ich kenne allerdings auch das andere Extrem, bei dem im Jahr zwei Konferenzen stattfinden. Wenn ich die Auswahl hätte, würde ich die Schule mit deutlich mehr Konferenzen bevorzugen – es muss vielleicht nicht wöchentlich sein, aber mindestens monatlich halte ich für absolut sinnvoll. Natürlich steht und fällt eine Konferenz mit deren Leitung und Vorbereitung. Wofür ich allerdings kein Verständnis habe – und daher auch mein Begriff der „Nullnummer“ – ist ein pauschales “Drücken sie sich vor einer Konferenz, damit sie weniger Arbeit und damit ein geringeres Burnout-Risiko haben”. Das kommt doch dem Klischee des gutbezahlten Halbtagsjobs gefährlich nahe. Ich denke, dass sich das Burnout-Risiko durch geglückte Zusammenarbeit verringern lässt und dazu gehört irgendeine Form der regelmäßigen institutionalisierten Kommunikation – ob das jetzt Konferenz, Teambesprechung oder wie auch immer heißt.